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Bericht von Winfried Roßbach über den Flugzeugabsturz vom 5. März 1945 zwischen Gettengrün und Roßbach

Winfried Roßbach aus Gettengrün wohnt heute in Chemnitz und war damals 7 Jahre alt.
Die Ziffern beziehen sich auf die Markierungen in der Lageskizze (Karte ebenfalls von Winfried Roßbach).


Am 5. März 1945 wurde Chemnitz, die sächsische Industriestadt, bombardiert. Der Anflug der Bomberverbände erfolgte über das Vogtland. Man war unruhig, weil man nicht wusste, was die nächsten Stunden brachten. In der Nacht wurde ich durch Motorengeräusch und einen plötzlichen Feuerschein wach. Nach einem ohrenbetäubenden Knall trat wieder Ruhe ein. Man wusste nicht, was eigentlich passiert war. Am Morgen erfuhr ich, dass gleich hinter der Grenze nach Böhmen ein Flugzeug abgestürzt war. Der Schulunterricht musste erst besucht werden, danach konnte man auf Entdeckungstour gehen. Auf den Fußweg an den oberen Grenzhäusern vorbei lag ungefähr 50 m hinter der Grenze der Rumpf des Flugzeuges. Allerdings durfte man als Kind nicht an die Absturzstelle (5). Sie war bereits schon abgesperrt. Ich versuchte, mich aus dem dichten Wald zu informieren. Es ergab sich, das 2 m neben der Grenze auf böhmischen Boden ein Flugzeugmotor lag. Nach weiterem suchen wurde die Absturzstelle in Richtung Grenzschänke umgangen. Dort ging es nun in den Pfarrwald zur weiteren Suche. Nach 50 m im Wald fanden wir in den Fichten hängend das Rumpfende (1). In dem aufgerissenen Rumpfende konnten wir den toten Heckschützen und in einer weiteren Kanzel noch einen Toten erkennen. Sie hingen n0ch in den Sicherungsgurten mit dem gepackten Fallschirm auf dem Rücken. Die Suche ging weiter in Richtung der Absturzstelle. Nach weiteren 200 m stießen wir auf die Kanzel des Bombenschützen, der 2 - 3 m daneben lag. Er war ebenfalls tot (2). Nun ging es in den Hochwald und fanden dort gleich zwei Besatzungsmitglieder, die abgesprungen waren, aber die Fallschirme waren ungeöffnet. Es waren zwei kleine Haufen mit dem Kopf obendrauf (3 und 4). Von dort konnten wir die Absturzstelle einsehen, an der schon gearbeitet wurde. Einem Sicherungsposten erzählten wir, was wir gesehen hatten. Im Ergebnis erfolgte die Abschiebung nach Gettengrün mit der Bemerkung, dass unsere Eltern über unser Tun benachrichtigt werden. Die Neugier war zu groß und so ging es am nächsten Tag wieder auf Spurensuche. Beginnend an der Grenzschänke konnten wir feststellen, dass die Toten nach Roßbach gebracht worden waren.Vom Hochwald aus sahen wir, wie mit Traktoren der Rumpf aus dem sumpfigen Boden gezogen wurde. Der Pilot und der Co-Pilot konnten aus den Trümmern befreit werden. Sie trugen Lederkleidung mit Pelzbesatz. Die sieben Besatzungsmitglieder wurden später auf dem Friedhof in Roßbach beigesetzt. Die Aufräumungsarbeiten und die Beerdigung führten damals Fremdarbeiter aus. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges erfolgte die Exhumierung der Toten und die Überführung in ihre Heimat. An der Absturzstelle steht heute noch zum Andenken des Absturzes ein Obelisk, eine kleinere Ausführung ist noch auf dem Friedhof zu sehen. Auf dem zentralen Platz in Roßbach sind in einem Ehrenmal die Daten der Toten und das Datum der Befreiung durch die amerikanische Armee aufgeführt. 

Ergänzung:
Jürgen Schreiner berichtet, sein Großvater in Freiberg habe noch jahrelang ein Rad des abgestürzten Flugzeuges in seinem Schubkarren verwendet.
Gerhard Brunner ist bekannt, dass Trümmerteile des Flugzeuges noch lange Jahre im Keller des Waldcafés verwahrt worden sind. Diese sind heute allerdings wohl nicht mehr vorhanden.