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Die Adorfer Garküche (vor 1945)

von Bernhard Aechtner (1901-1983), Die Straße meines Lebens - Erinnerungen (freundlich zur Verfügung gestellt von Dr. Gerhard Aechtner)

In Adorf stand auf dem "Sand" die Gaststätte "Garküche". Es war eine Herberge für Handwerksburschen. Früher war es Brauch, dass ein jeder, der ein Handwerk erlernte und später ein tüchtiger Meister werden wollte, auf die Wanderschaft ging. Dies waren die Handwerksburschen aus allen Berufen. Die Handwerker waren in Zünfte und Innungen zusammengeschlossen. Jede Zunft hatte ihren Handwerksspruch, viele trugen auch eine besondere Kleidung. An dieser Kleidung und an dem Spruch erkannte man, welchem Handwerk der Geselle angehörte.

Diese Handwerksburschen wanderten von Ort zu Ort, fragten bei den Meistern an, ob sie einen Gesellen gebrauchen können. Wenn ein Meister einen solchen Gesellen einstellte, nahm er ihn in volle Verpflegung. Konnte der Meister keinen Gesellen gebrauchen, gab er ihm ein Zehrgeld. Überall wurde anders gearbeitet. Je länger und je weiter ein Handwerksbursche wanderte, um so mehr Erfahrungen sammelte er.

In den späten Nachmittagsstunden kamen die Handwerksburschen, die gerade in Adorf und Umgebung waren, in die "Garküche". Nachdem sie dem Wirt das Arbeitsbuch vorgelegt hatten, durften sie zu einem ermäßigten Preis, der von den Zünften und Innungen festgelegt war, essen und schlafen.

Ein Handwerksbursche zahlte für Essen und Schlafen 30 Pfennig. Bevor ein Handwerksbursche ins Bett steigen durfte, musste er sein Hemd ausziehen und umdrehen. Der Herbergsvater leuchtete mit einer Lampe sämtliche Nähte ab. Wenn diese perlmuttartig schillerten oder gar sich etwas Lebendiges zeigte, dann  war das Hemd verlaust, und der 'Läusezüchter´ musste auf einer Holzpritsche schlafen.

Die "Garküche" ist 1945 beim Beschuss abgebrannt und wurde nicht wieder aufgebaut.